Teuflisches Vergnügen auf der Reichelsburg
Der neue Truchseß heißt Josef. Josef Hoos hat es zusammen mit Ehefrau Sabine übernommen, in Nachfolge von Otto Haaf die Besucher des Reichelsburgfestes zu begrüßen. Am Samstag stand der neue Truchseß im Kostüm der historischen Figur erstmals auf der Zugbrücke zur Burgruine zwischen Aub und Baldersheim, um die Festbesucher per Handschlag willkommen zu heißen.
In seiner Rolle als selbst ernannter Hofmarschall des Reichelsburgfestes stellte Michael Neckermann das neue Truchseßpaar beim abendlichen Einzug auf dem Festplatz vor. Kurz und direkt war seine Vorstellung: „Hier steht er, der neue Truchseß, Josef und seine Burgfrau Sabine“. Er bedankte sich zugleich bei den beiden dafür, dass sie bereit waren, die Ämter zu übernehmen.
Bei der traditionellen Schlüsselübergabe am Samstagabend stellte Bürgermeister Robert Melber in der Figur eines Ratsherren fest: „Ihr Baldersheimer habt einen hohen Verschleiß an Truchseßen! Seit ich im Amt bin ist das jetzt schon der vierte. Den einen habt ihr durch einen anderen ersetzt, um ihn dann doch wieder zu aktivieren. Jetzt habt ihr einen ganz neuen. Habt ihr gegen den alten Truchseß geputscht?“
Der sei in den wohlverdienten Ruhestand getreten, erklärte der Nachfolger. „Aber was ist mit seiner Frau? Letztes Jahr begrüßte sie die Gäste, warum muss sie heute Spüldienst leisten?“ fragte der Ratsherr weiter. Darauf wussten selbst die sonst so schlagfertigen Baldersheimer nichts zu erwidern.
Ratsherr und Bürgermeister Melber übergab nach diesem Wortgeplänkel dann doch die Schlüssel der Burg für die Dauer des Festes an die neuen Amtsträger: „Ich habe heute gleich zwei Schlüssel dabei. Da des Truchseß? Weib eine sehr resolute Frau ist und manchmal selbst die Hosen an hat, habe ich für sie auch gleich einen eigenen Schlüssel mitgebracht,“ so Melber.
Obwohl die Witterung an diesem Abend etwas kühl war, hatte sich der Burghof schon beizeiten gut gefüllt. Beim zünftigen Ritterschmaus wurde kräftig zugelangt, so dass von der am Spieß gegrillten Sau bald nur noch das Gerippe übrig war. Die Rodheimer Musikanten machten ihrem Ruf als Stimmungskapelle alle Ehre und schafften es, verstärkt durch einige Aushilfen aus Baldersheim, schnell Stimmung in den Burghof zu bringen.
Nach Einbruch der Dunkelheit gab es als weiteren Höhepunkt ein Laientheater, bei dem unter Regie von Sven Lörner ein von Maria Hofmann getextetes Stück vom Teufelsschmied aufgeführt wurde. Der Teufelsschmied ist eine Sagengestalt, die in mittelalterlichen Zeiten eine Schmiede an der Gollach zwischen der Reichelsburg und dem alten Berg betrieben haben soll. Der jähzornige Schmied (im Schauspiel dargestellt von Sven Lörner) schaffte es, mit seinen Wutausbrüchen seine Kunden aus der örtlichen Bauernschaft zu vergraulen. Seine Ehefrau (Edith Derks) grämte sich darüber so, dass sie starb. Hoffnung sah der Schmied, als der Graf der Reichelsburg (Thorsten Knopf) um die Hand der schönen Schmiedstochter (Charlotte Kraft) anhielt. Die aber hatte ihr Herz schon an den Lehrbuben (Lorenz Igers) vergeben, so dass der Schmiedsvater aus lauter Wut über die widerspenstige schließlich fluchte: „Wenn du den Grafen nicht willst, soll dich doch gleich der Teufel holen!“ Gesagt, getan: Schon war der zur Stelle. Michael Neckermann gab dem Leibhaftigen die Gestalt, die sich die junge Schmiedstochter griff, über die Schulter warf und mit ihr in die Hölle fuhr. Der Graf hatte das Nachsehen, dem Schmied selbst war nicht mehr zu helfen. In der Sage zündete er seine Schmiede an, wurde selbst nie wieder gesehen und in hellen Vollmondnächten kann man angeblich heute noch in der Nähe der Teufelsschmiede das Schlagen des Schmiedes auf dem Amboss hören. Ob den Gästen, die zu Fuß durch den Wald zur Reichelsburg gekommen waren, im Nachhall dieser Geschichte auf ihrem Heimweg auch etwas unheimlich wurde, ist nicht bekannt.
Am Sonntag füllte sich der Festplatz rasch wieder. Bei strahlendem Sonnenschein zelebrierte Pfarrer Gregor Sauer einen von den Rittershäuser Musikanten musikalisch gestalteten Festgottesdienst auf der Burg und gleich im Anschluss daran bildete sich eine Warteschlange an der Essensausgabe. Fränkisches Hochzeitsessen in Form von gekochtem Rindfleisch mit Bandnudeln, Kren und Preiselbeeren war die Spezialität, die jedes Mal viele Liebhaber findet.