Der Truchseß von Baldersheim
(aus der Festschrift anlässlich des Kreismusikfest 1983)
Mit Ritter Hartrat (oder Herterich) von Baldersheim tritt 1284 das Geschlecht der Truchsessen von Baldersheim in das Licht der Geschichte. Er verkauft Güter an das Johanniterkloster zu Reichardsroth. Sein Sohn Konrad (1311-1318) führt bereits den Titel „Truchseß“ (lateinisch: dapifer). Der Titel „Truchseß“ bedeutet althochdeutsch „der übers Gefolge Gesetzte“. Nach Konrad folgt sein Sohn Hans (oder Johannes?) Truchseß von Baldersheim, dessen Söhne Lutz die Balbacher Linie, Hans die Linie Waldmannshofen, Aub, Oellingen und Röttingen und Hartrat I. die Büttharder Linie begründen. Hans Truchseß von Baldersheim ist wohl der bedeutendste. 1371-1377 nennt er sich von Oellingen, 1379 ist er gesessen zu Reygelsberg und ab 1380 zu Waldmannshofen. Im Jahre 1383 kauft dieser Hans Truchseß von Baldersheim als Bamberger Lehen die Vogtei von Rodheim mit allen Zugehörungen von Gottfried von Hohenlohe um 2000 Gulden, 1385 das halbe Dorf vom Ritter Lemplein Lamprecht und 1387 die andere Hälfte von Ruprecht von Seckendorf um 1100 Gulden. Anna von Weinsberg, geb. von Hohenlohe, bekennt 1398 für sich und ihre Tochter Margarete von Brauneck, dass Hans Truchseß von Baldersheim den Markt Aub von ihnen für 3400 Gulden gekauft hat, und alles das Halbe, was zu Aub darinnen gehörte. Gerhard von Schwarzburg, von Gottes Gnaden Bischof von Würzburg (1372-1400), gestattet im Jahre 1399 auf Bitten der Anna von Weinsberg und des Hans Truchseß von Baldersheim, Ritter, die Verlegung des Halsgerichtes und der Cent (Gericht für niedere Gerichtsbarkeit) von Gülchsheim in den Markt Aub. Ihre Treue beweisen sie dem Bischof in der tatkräftigen Gefolgschaft bei der Schlacht von Bergtheim. Aub verdankt diesem Ritter Hans auch die Stadtrechte aus dem Jahre 1401 und wohl auch das Recht, den Ort Aub „mit muren vndt graben zu vmbführen“; verliehen wurde dieses Recht von König Ruprecht von der Pfalz. Am 1. Mai 1401 bestätigt König Ruprecht auf Bitten des Hans Truchseß von Baldersheim auch die 1336 verliehene Freiheit der Stadt Röttingen. Darauf folgen die beiden Söhne Hans II. gesessen zu Röttingen, und Fritz, der seinen Sitz in Waldmannshofen hat. 1408 vollzog sich eine wichtige Teilung des Truchsessischen Besitzes: Hans erhält Burg, Stadt und Amt Röttingen, ferner Güter in Rimbach, Hemmersheim, Neubronn, Standorf, Klingen, Sechselbach und fünf Morgen Wiesen an der Gollach. Fritz erhält Schloss und Dorf Waldmannshofen mit allen Zugehörungen, ferner ein Mühllehen an der Gollach, den Zehnt von Buch und Langensteinach, Besitzungen in Baldersheim, Holzhausen (heute Simmershofen), Lipprichhausen, Hopferstadt, Archshofen und Gülchsheim. 1409 kauft Hans den Truchsessenbesitz in Oellingen (einen Hof mit Burgstall und Graben) von Apel von Seckendorf wieder zurück.
Über Hans III., Hans IV. und Jörg I. zu Aub (1447-1483), verheiratet mit Margareta von Vinsterlohe (Finsterlohr) (beider Epitaph war bis 1945 in der Stadtpfarrkirche zu Aub; durch den Brand zerstört) und Jörg II. läuft die Hans’sche Linie. Mit Jörg II. (1491-1519) stirbt diese Linie aus. Das Ansehen des Jörg I. Truchseß von Baldersheim zeigt sich auch in einer Urkunde vom Montag nach Thomastag des Jahres 1455: „Wir, Johannes III. von Grumbach (1455-1466), von Gottes Gnaden Bischof zu Würzburg und Herzog zu Franken, verleihen zu rechten Mannlehen Jörgen Truchseß von Baldersheim Oellingen, das Dorf, Zinsen, Gülten und Renten daselbst (8 Malter Weizen, 20 Malter Korn, 11 Malter Hafer, 15 Pfennig Zins, 9 Fastnachtshühner, 4 Sommer¬hühner), die Vogtei und das Gericht, nur ausgenommen einen Hof, der vom Markgrafen Albrecht von Brandenburg zu Lehen ist.“ Jörg I. hat am Ende seines Lebens die meisten Besitzungen der Truchsessen von Baldersheim in seiner Hand. Dem Fritz Truchseß von Baldersheim (1404-1436) folgt Reinhard I. (1451-1475). Die Söhne Reinhards I., Erasmus und Reinhard II. verkaufen ihren Besitz zu Waldmannshofen, ihren Teil an Schloß und Dorf, an den Ritter Asmus von Rosenberg. Über Sigmund, Sohn des letzteren, folgt Sebastian zu Aub und zum Schluß Sebastians Sohn Georg und sein Enkel Georg Sigmund. Mit ihm stirbt 1602 die Linie der Truchsessen von Baldersheim aus. Ihr Besitz fällt dem Hochstift Würzburg anheim, darunter auch die Feste Aub. In einer baulichen Nachricht ist folgendes geschrieben: „Der Turm solle so gebaut werden“ in massen der Thurn an Johannes Truchsesße Schloss zu Auw gemacht und gemauert ist“.
Die Truchsessen zeigten sich auch als besondere Wohltäter. 1422 schenken Hans Truchseß und seine Gemahlin Anna, geb. von Seckendorf, dem Spital zu Röttingen ihren freien Hof, „do das Spital auffgezawen (fertig gestellt) ist“. Ein Fräulein Margareta Truchseß von Baldersheim (1492-1520), Tochter des Jörg 1., vermehrte gegen Ende des 15. Jahrhunderts das Einkommen des Spitals zu Röttingen durch weitere Zuwendungen. Sie starb als Äbtissin des Klosters Kitzingen im Jahre 1520. Sie soll auch die Schenkgeberin des Röttinger Bürgerwaldes und die Stifterin des Dreiuhrläutens sein. Auch dem Auber Spital wurden von den Truchsessen Zuwendungen gemacht. Aus einer Urkunde vom Dienstag nach St. Peterstag des Jahres 1457 ist auch ein besonderes Verhältnis der Truchsessen von Baldersheim zur Musik erkennbar. Martin Truchseß von Baldersheim (1447-1480), Amtmann zu Wertheim und Bruder des Jörg I. Truchseß von Baldersheim, vermacht dem Auber Pfarrer und dem Kloster eine beträchtliche Stiftung. Der Text lautet: „Ich Martin Tuchseß von Baldersheim bekenne, dass ich Gott und der Jungfrau Maria zu Lobe auch zum Heile meiner Seele – vermache dem Pfarrer und dem Convent des Klosters unser 1. Frauen zu Aw St. Benedicten Ordens 4 Malter ewige Korngült Awer Stadt Maß von der Mühle unter dem Regelberg. Dafür sollen Pfarrer und Conventherrn für ewige Zeiten alle Tag zu Abend mit den Schülern vor unser 1. Frauen Altar in der Pfarrkirche singen die liebliche Antiphon: Salve regina und hernach soll der Herrn einer die beschliessen mit einer Collecten – als es sonst gebräuchlich ist, und bes. von Pfingsten an durch den Sommer bis auf St. Michels Tag soll man so allwegen thun zu Abend nach dem Nachtessen, ein Stund vor Nachts ungefehrlich und man soll ein Zeichen dazu läuten auf daß sich die Leute dazu schicken und kommen mögen. Aber von St. Michels Tag durch den Winter bis wieder auf Pfingsten soll man das Salve regina singen nach der Vesper spe oder den Complets ob man die singet – und dazu haben sich der Pfarrer und die Conventherrn verpflichtet.” Sig. Martin Tr. v. B. – der Pfarrer und der Convent, dessen Propst Hr. Kilian von Grumbach ist.
Vom Jahre 1577 datiert in einer vidimierten Kopie vom 12. März 1742 eine Verleihung der Pfarrei Oellingen durch Walburg Truchseß, Witwe des Sigmund Truchseß von Baldersheim. Die Achtung und Wertschätzung dieses Adelsgeschlechtes in unserer Heimat kann man aus einer Notiz im Pfarrbuch zu Oellingen entnehmen, die mehr als 80 Jahre nach dem Aussterben niedergeschrieben wurde. Im Oellinger Pfarrbuch des Jahres 1688, das Pfarrer Johann Georg Mattheis verfasst hat, ist folgendes zu lesen: „Wer die Pfarr Oellingen zum Ersten fundiert oder wann sie ihren Anfang genommen, davon kann man dies Orts keine gewisse und eigentliche Nachricht haben. Allein, wie von etlichen Alten glaubwürdig bezeugt wird, soll dieselbe vom Hochadeligen Rittergeschlecht der Truchsessen von Baldersheim, so umb diese Gegend große und ansehentliche Güter gehabt, ihren Anfang genommen haben. Aus welchem adeligen Geschlecht zwei Brüder und eine Schwester gewesen (Georg Sebastian, gest. 1601; Georg Sigmund, gest. 1602; und Susanne), der erstere den halben Theil Zehendts sambt seinen angehörigen Gütern zu Oellingen für eine Pfarrei fundiert, deß andern Bruder vierter Theil Zehendts sambt Gütern ist nach dessen Absterben dem Markgrafen von Bayreuth als Lehnensherrn heimbgefallen. Die dritte, als Schwester hat ihren vierten Theil Zehendts und Güter dem Hochfürstlichen Hochspital zu Würzburg (Juliusspital), den andern Hof aber und dazugehörige Güter dem Hochlöblichen Jungfrauenkloster zu Margareten in gedachtem Würzburg legiert.“
Was erinnert uns heute noch an die Truchsessen von Baldersheim?
Einmal sind es das Ortswappen und das Dorfsiegel der ehemaligen Gemeinde Baldersheim. Weiter sind es am Stammort eine Strasse und in der Ortsmitte ein Gedenkstein an die ehemals selbständige Gemeinde, die in Schrift und Bild auf das Geschlecht hinweisen. Wappendarstellungen finden wir noch an einem Haus am Auber Marktplatz und im Wappenstein am ehemaligen Spital zu Aub. Neben dem Truchseßwappen sind das Wappen von Fürstbischof Julius Echter und das Wappen der Rosenberger mit dargestellt.
Ein Wappenstein existierte auch am Hundheimer Tor zu Röttingen. Neben der Jahreszahl MCCCXXII (1322) zeigte er auch das Stammwappen der Truchsessen: ein sitzender Hund, rot in golden dem Felde, und auf dem Helm zwischen zwei goldenen Büffelhörnern das Brustbild einer gekrönten Jungfrau. An dieses Wappen hat sich die Welpensage angehängt, die von einer ruchlosen Tat einer unbarmherzigen Frau und Mutter erzählt und hinweist, wie dieses Wappen in das Hundheimer Tor kam. Altbürgermeister Stefan Schimmer stiftete 1981 in Erinnerung an die geschichtliche Vergangenheit der ehemals selbständigen Gemeinde Oellingen einen Wappenstein, der im Dorfwappen den sitzenden Hund der Truchsessen zeigt. Er soll an die Bedeutung dieses Geschlechtes, das im Mittelalter die Geschicke des Dorfes wesentlich bestimmte, erinnern. Dieses Dorfwappen von Oellingen findet sich auch in einem Wappenstein in der Deutschherren Halle zu Gelchsheim. Ein Epitaph unter der Kanzel der Stadtpfarrkirche Röttingen bewahrt das Andenken an Petronella, geborene von Geyer, Gemahlin des Hans Truchseß von Baldersheim, gesessen zu Waldmannshofen. Die Inschrift lautet: „Anno dm. mcccxiiii in die sancti georgii obiit petronella uxor (Joannis) trucsetz de baldersheim militis.“ (Im Jahre des Herrn 1414, am Tag des heiligen Georg, starb Petronella, Gattin des Hans Truchseß von Baldersheim, Ritter). Auch in Rodheim, wo die Truchsessen Besitz und Rechte hatten, kündet eine Strasse von diesem fränkischen Adelsgeschlecht. Eine umfassende Darstellung einer Geschichte der Truchsessen von Baldersheim gibt es nicht. H. Bauer hat wohl eine recht übersichtliche Genealogie erstellt und die Regesten einer Linie aufgezeichnet. Geistlicher Rat Konrad Hoos greift in seiner Ortschronik „Baldersheim im Ochsenfurter Gau“ auf sie zurück und weist auf eine Reihe anderer wichtiger Daten hin. Eine Gesamtschau ihres Wirkens aber fehlt noch.
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