Baldersheimer Schulgeschichte
Unter Fürstbischof Julius Echter (reg. 1573-1617) stehen – neben der umfangreichen Bautätigkeit an Kirchen (hier 1611-1616) und Pfarrhäusern (hier 1614) – an wichtiger Stelle auch die Errichtung von Schulhäusern in seinem Hochstift.
Die Schulen müssen hierbei in direkter Nähe der Kirche stehen, damit der Pfarrer den Lehrer beaufsichtigen kann. In Baldersheim ist dies das Gebäude, das heute als Rathaus bekannt ist, erbaut nach einem Verzeichnis im StAWü. im Jahr 1587 als Rat- und Schulhaus für 300fl (Gulden). Dieses Gebäude hat sich – wenn auch mit Veränderungen – erhalten.
Das gleiche Verzeichnis aus dem Jahre 1612/13 berichtet, dass in den Jahren 1594-1599 die Ortsbefestigung verbessert worden ist, das Kapellentorhaus wurde für 100fl und das Torhaus gegen Aub für 200fl neu gebaut.
Schon im Sal- und Lehensbuch des Amts Reichelsberg aus dem Jahre 1595 wird ein Schulmeister in Baldersheim genannt. Aufgelistet werden Einkünfte des Gotteshauses zu Baldersheim, dabei wird erwähnt, dass man daraus einem Schulmeister für das Läuten einen gewissen Betrag geben muß. Ein Name ist nicht genannt, die Einträge zu Baldersheim in diesem Salbuch erstrecken sich über mehrere hundert Seiten.
Aufnahmeblatt zum Urkataster von 1826
Zum Schulbetrieb in dieser Zeit kann man nur allgemein sagen, dass er nicht regelmäßig stattfand, die Kinder wurden bei der Feld-, Hof- und Hausarbeit gebraucht. Im o.g. Sal- und Lehensbuch des Amtes Reichelsberg werden für Baldersheim 64 Familien und Lehensträger namentlich genannt, die Bevölkerungs- und Kinderzahl müsste man schätzen, kommt aber wahrscheinlich (auch im Vergleich mit den Zahlen aus 1799) nicht über 30 Schüler hinaus.
Die Schulmeister rekrutieren sich aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen: aus Handwerkern, die sich ihre Qualifikation durch gelegentliches Hospitieren bei einem Lehrer oder Geistlichen erwarben, aus den Söhnen schon praktizierender Lehrer, was häufig zu einer Vererbung des Lehrerberufs vom Vater auf den Sohn führt, sowie aus Absolventen höherer Schulen, die keine Anstellung in Lateinschulen fanden. Von einer geordneten Lehrerausbildung kann daher nicht gesprochen werden,
bis in die Neuzeit ist daher die Berufsbezeichnung Schulmeister üblich.
In der ältesten erhaltenen Baldersheimer Bürgermeisterrechnung aus dem Jahr 1652/53 wird einem namentlich nicht genannten Schulmeister mehrmals Geld für Schreibdienste ausgezahlt. Diese Erwähnung ist insofern beachtlich, als dass wir uns hier kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg befinden, noch im Februar 1647 gab es Kampfhandlungen bei Aub. Die Zeiten sind unsicher, das Land verwüstet, die Bevölkerungszahl auch durch die Pest zurückgegangen, noch 1678 ist die Zahl der Familien und Lehensträger in Baldersheim noch deutlich unter dem Stand von 1595. Immer wieder ziehen Heere und Söldner durch die Gegend, quartieren sich ein oder plündern.
Bürgermeisterrechnung 1652/53
4fl 6kr dem Schulmeister vor dem Wetterleutten
47kr dem Schulmeister vor dem Satzungsprotokol abzuschreiben
1fl 4kr dem Schulmeister weg einer Verzeichnus der hiesige rauchpfund (Gemeindesteuer) und edlich boge papier
zahlt
Die Aufsicht über die Schule vor Ort führt der Pfarrer in Vertretung des Bischofs, die Gemeinde muss meist die Bücher stellen, der Lehrer erhält eine Art Mischbesoldung: formelle Entlohnung aus der Kirchen- und/oder Gemeindekasse, Naturalabgaben, Nutzungsrecht an Grundstücken, Schulgeld der Eltern, Bezüge aus dem niederen Kirchendienst (Mesner) oder für Tätigkeiten als Gemeindeschreiber. In den alten Bürgermeisterrechnungen sind immer wieder Entlohnungen für Schreibdienste an den Schulmeister aufgeführt. In der Gotteshausrechnung von 1702 bekommt ein Schulmeister zusätzlich Geld für Mesnerdienst, für das Schlagen der Orgel und Gesang bei einem gestifteten Jahrtag. Dienste in der Kappel werden extra vergütet. In diesem Jahr sind auch Zahlungen für die Orgelstimmung verzeichnet.
Unter Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim kommt es dann zu einer Neuordnung des Schulwesens durch die Einrichtung einer Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Mit der Gründung einer solchen Einrichtung (1768–1770) besitzt Würzburg eine der ersten Ausbildungsstätten für Lehrer in Süddeutschland. Bereits 1771 wird verfügt, dass bei Neubesetzung von Lehrerstellen nur noch die Kandidaten des Schullehrerseminars verwendet werden sollen. Vorher schon gibt es einen Erlass, durch den das Recht der unabhängigen Besetzung der Lehrerstellen von den Gemeinden auf die Schulkommission übertragen wird.
Die 1774 erlassene Schulordnung schreibt den Pflichtunterricht für alle Kinder im Hochstift Würzburg vom 6. bis zum 12. Lebensjahr vor und umfasst 6 Fächer. Der Unterricht hat nach einheitlichen Lehrbüchern zu erfolgen. Unterrichtsfächer sind: Glaubens- und Sittenlehre, Lesen und Schreiben, Rechnen und Ökonomie, Hauswirtschaft, geographisches Grundwissen sowie Singen. Als neue Lehrmethode wird ein anschaulicher, kindgerechter Unterricht gefordert. Die Kinder sollen zur freudigen Mitarbeit und zum selbständigen Denken angeregt werden. Somit werden wichtige Elemente der zukünftigen und modernen Pädagogik eingebracht.
Über Dorf und Schule aus dieser Zeit in Baldersheim berichtet das „Lexikon von Franken“ aus dem Jahre 1799:
„Baldersheim ist ein Würzburger Pfarrdorf von 82 Häusern im Amte Röttingen, von 399 Seelen bewohnt. Es gibt einem Lehrer 149 Gulden Bestallung. 1794 hatte er 45 Schulkinder.
Man zählt hier 2700 Morgen Ackerfeld, 150 Morgen Wiesen, 120 Morgen gemischte Waldung, 50 Morgen Gärten, 60 Morgen Weinberge. Der Viehstand ist zahlreich. Die Schäferei ist im Erbestand dahingegeben. Der Zehnt auf der ganzen Markung gehört dem Hochstift. An Handwerkern zählt man neunzehn.“
Die Einbindung der Kinder in den elterlichen Arbeitsalltag verhindert zeitweise die Regelmäßigkeit des Schulbesuchs, dieses Lamento durchzieht die schulgeschichtlichen Quellen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Immer wieder muss deshalb die Schulpflicht angemahnt werden.
Eine Verordnung vom Landgericht Röttingen mit Sitz in Aub aus dem Jahre 1805 lässt dies deutlich werden:
„daß jeder Schullehrer vom Amte aus bey Verantwortlichkeit gehalten sey, mit jeder Woche die Liste derjenigen Kinder, welche aus der Schule weggeblieben sind, dem Ortsvorsteher zu überbringen; dieser aber die Obliegenheit habe, die festgesetzten Strafgelder von den Eltern, welche ihre Kinder ohne Noth nicht zur Schule geschickt haben, auf der Stelle einzukassieren und gegen Quittung an das Landgericht zum Besten der Schule selbst von Zeit zu Zeit einzuliefern. Diese Verordnung hat jeder Schullehrer abzuschreiben, solche den Herrn Pfarrern zu überbringen, um sie auf öffentlicher Kanzel zu verkünden, und sodann dem Ortsvorsteher zu behändigen…“
Bemerkenswert in dieser Verordnung ist die eingefügte Beschreibung:
„dass man durchgehens an den Kindern in dem diesseitigen Landgerichte jene offene Freundlichkeit, Höflichkeit, Wohlanständigkeit und Sauberkeit gar sehr vermisse, welche die ersten Früchte der jugendlichen Bildung sein sollen… Unanständige Eltern, welchen die Bildung ihrer Kinder gleichgültig ist, wird man mit äußerer Gewalt zur Erfüllung der ersten ihrer Pflichten anhalten den Lehrern, welche sich ihr Amt angelegen sein lassen, das nöthige Ansehen zu verschaffen wissen; aber auch jede Nachlässigkeit der Schullehrer schwer aufnehmen und höchsten Orts zur Anzeige bringen.“
Namentliche Nennungen zu Lehrern finden sich in den Baldersheimer Pfarrmatrikeln aus dem 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, mehrfach taucht hier die Bezeichnung „ludi magister“ auf, was Meister der Schule und Meister des Orgelspiels bedeutet.
Im Jahr 1796 heiratet hier der ludi Magister Joh. Mich. Hopf aus Retzbach, der ab Mitte des 19. Jhd. als Eigentümer des Anwesens Nr. 52 (Gasthaus Stern) genannt wird.
Zu den vielen Lehrern, die im Ort wirkten, sei hier Nikolaus Schimpf genannt; dessen Vater Mathias war ab ca. 1840 Hilfslehrer, wohl bei o.g. Lehrer Hopf, und ab 1845 Schulleiter. Zunächst als Hilfslehrer bei seinem Vater übernimmt Nikolaus gegen 1877 die Schulstelle und leitet sie bis 1909. Über die Lehrer Hopf, Vater und Sohn Schimpf sind ab 1810 Akten aus dem Amtsgericht Aub überliefert, es geht um Lohnerhöhungen und die Zuteilung für Brennholz an die Schule.
Wie sich Konrad Hoos in seiner Dorfchronik erinnert, diente Lehrer Nikolaus Schimpf neben der langjährigen Schultätigkeit auch als Gemeindeschreiber, versah den „großen“ Kirchendienst, also nicht nur das Spielen der Orgel sondern auch die Reinhaltung der Kirche, staubte persönlich die Altäre ab und schmückte sie an den Festtagen, ebenso läutete er schon am frühesten Morgen, Sommer wie Winter, die Aveglocke die zugleich auch das Weckzeichen für die Gemeinde war.
In die Zeit der Lehrer Schimpf fällt die Errichtung einer neuen Schule. Erste Schriftstücke gibt es aus dem Jahr 1870. Aus der Transkription eines Begehungsprotokolls ist zu lesen, dass der bauliche Zustand der alten Schule im Rathaus sehr schlecht gewesen sein muss, Abhilfe wird umgehend gefordert.
17.06.1870
Gemeindeverwaltung Baldersheim erhält Abschrift der Verhandlung vom 7. Des Monats, Schulhaus Bausache, mit dem Auftrage mitgeteilt, dem § 6 dieser Verhandlung gemäß binnen 14 Tagen ihre Erklärung abzugeben.
Ochsenfurt, 13. Juni 1870, Königl. Bezirksamt
Geschehen
Baldersheim, den 7. Juni 1870
Nachdem sich ergeben hat, daß das Schulhaus dahier, in specie das Schulzimmer für die dermalige Schülerzahl nicht mehr ausreicht und daß sich das Schulgebäude überhaupt teilweise in einem defeuten Zustande befindet, so begab man sich heute mit Beigehung des Herrn Landassistenten Kohlmüller hierher, nahm mit Beigehung des Gemeindeausschusses Augenschein und konstatierte folgendes:
1) das dermalige Schulzimmer enthält 336° (Raumangabe) und ist 8´ 6´´ hoch. Diese Schule wird dermalen von 66 Schülern besucht und es treffen daher auf einen Schüler 5° (Raumangabe) und 44 Kubikfuß, durchschnittlich läßt sich die Durchschnittszahl auf 60 Schüler bestimmen.
2) das Schulzimmer ist im Erdgeschoße; die Wohnung des Lehrers ist theils unten und theils oben. Unten besitzt derselbe 2 heitzbare Zimmern und 1 Küche. Oben 2 unheitzbare Zimmern und zwei kleine Kammern; auch ist eine Stiege hoch das Versammlungslocal der Gemeinde. Das Schulhaus ist zweistöckig, hat einen kleinen feuchten Keller und den nötigen Bodenraum; angebaut sind Backofen und Abtritt.
3) der bauliche Zustand des Gebäudes ist ein sehr mangelhafter. Es ist aus Fachwand gebaut. Die Verfestungswände sind dünn und leicht, an der West oder Wetterseite hat das Holzwerk Schaden gelitten und ist theilweise verfault.
4) wenn dermaliges Schulhaus in einen guten Bauzustand versetzt werden sollte, so müssten statt dermaligen Fachwand Verfestungswände von Stein eingezogen und andere angemessene Eintheilung geschehen, die Schule, Wohnung für den Lehrer und Gemeindeversammlungszimmer unterzubringen
5) deshalb dürfte es am zweckdienlichsten sein, wenn die Gemeinde ein entsprechendes Wohnhaus dahier zur Einrichtung einer Schule geeignet ankauft oder ein neues Haus baut, weil dermaliges Schulhaus wegen Mangel an Raum nicht verwendet werden kann. Provisorisch könnte dadurch abgeholfen werden, daß in dermaligen Schulzimmer die Wand, welche die Stube der Lehrerfamilie vom Schulzimmer trennt, heraus genommen und dadurch das Schulzimmer erweitert würde, wodurch dann für die Schule ein Gesamtraum von 516° (Raummaß) gewonnen würde und wonach dann auf einen Schüler, auf 66 gerechnet, 7 8/10 Quadratfuß treffen würde.
6) Die Gemeindeverwaltung will dieses in nähere Erwägung ziehen und innerhalb 14 Tagen a dato ihre Erklärung abgeben.
Walch, Bürgermeister Georg Adam Metzger
Neeser, …geordneter Konrad Knorr
Eck, Kassier Leonhard Hinte
Mathias Schott Adam Wagenpfahl
Im Gemeindeprotokoll zu diesem Brief merkt Lehrer Mathias Schimpf in eigener Sache an, dass er mit vorgerücktem Alter von 70 Jahren und eines Schlages auf die seit 25 Jahren bewohnten Zimmer nicht verzichten möchte und bittet darum in der Wohnung bleiben zu dürfen. Wegen seines Alters empfiehlt er für die Schulstelle in Baldersheim seinen Sohn, der schon als Hilfslehrer angestellt ist. Die Gemeindeverwaltung leitet diesen Vorschlag an das Bezirksamt weiter und unterstützt diesen. Am 10.08.1872 mahnt das königl. Bezirksamt in Ochsenfurt eine Entscheidung zum Schulhaus an. Die Gemeinde reicht nun einen Plan zum Umbau des Rathauses von Maurer Konrad aus Bieberehren ein, den sie schon zweimal bei ihm angemahnt hatte. Am 17.05.1873 kommt Antwort aus Ochsenfurt zum eingereichten Projekt, es werden viele Bedenken geäußert: Lehrsaal zu klein, Belichtung des Schulzimmers schlecht, Lehrerwohnung zu klein, die Stiege viel zu schmal, das Amt schreibt:
„Angesichts dieser Verhältnisse wird es der Gemeindeverwaltung Baldersheim zur Erwägung anheim gestellt sein, ob es, nachdem die projektierte Erweiterung des Schulhauses dem vorhandenen Bedürfnisse nicht ganz genügt, nicht gerathener erscheinen, sofort zu einem Schulhausneubau zu schreiten.“
Nun ist geplant, im Garten hinter dem Rathaus ein neues Gebäude zu errichten. Bereits im März 1873 erstellt der Zimmerermeister Zobel aus Aub einen Kostenvoranschlag über 3852,17fl und Plan für eine neue Schule.
Umbauplan Konrad, Bieberehren Neubau Zobel, Aub
Dieser Plan wird auch nicht angenommen, die Platz- und Lichtsituation wäre die gleiche wie im eingereichten ersten Vorhaben, mit Schreiben vom 12.12.1873 wird die Gemeinde aufgefordert, binnen drei Wochen ein anderweitiges Projekt nebst den gefassten Beschlüssen vorzulegen. Falls nicht, werde das Amt eine Verfügung erlassen.
Am 28.12.1873 meldet das Gemeindeprotokoll, dass das neue Schulhaus am Kirchplatz gebaut werden soll, das Rathaus ist für die Verwaltung und als Armenwohnung gedacht.
Mit dem gewählten Stadtbautechniker C. F. Schneider aus Kitzingen nimmt man auch von den umliegenden Handwerkern als Planverfasser Abstand, die bisher eingereichten Pläne erfüllten nämlich nicht die hohen Anforderungen an neue Schulbauten in Bayern, diese werden wie folgt beschrieben:
„Schulen sind Lichtpunkte eines Landes; Schulgebäude ehrwürdige Bildungsorte der aufblühenden Generation. Deshalb sollen sie ihrem Zwecke gemäß unter den übrigen Wohnungen einer Gemeinde in Hinsicht auf Lage, Umgebung, Bau, Einrichtung sich auszeichnen. Denn die Stätte, wo wir zuerst gewisse Lehren faßten, äußert auf die Stimmung, mit der wir sie aufnahmen, und wieder den Werth, welchen sie für uns hatten, eben sowohl einen bedeutenden Einfluß, als auf die körperliche Gesundheit, und es kommt daher viel darauf an, ob diese Schulgebäude geräumige, helle und reinliche Häuser, oder kleine, dunkle, schmutzige Hütten sind, worin die Jugend in ihrer ersten Blüthe die schönsten Lebensjahre zubringen soll.“
GUSTAV VORHERR: Monatsblatt für Bauwesen und Landesverschönerung in Bayern, München 1821
Der Baustil der Baldersheimer Schule findet sich in vielen Gemeinden – und das ist kein Zufall, schon ab 1803 wurden durch den obersten Architekten des Landes, Gustav Vorherr (geb. 1788 in Freudenbach / Creglingen), Musterblätter für Schulbauten vorgelegt, die je nach Bedarf, Größe der Gemeinde und finanziellen Mitteln gestaffelt waren. Durch die Ausrichtung nach Süden wurde für Helligkeit in den Klassenräumen gesorgt.
Es ist sozusagen „Staatsarchitektur“, die nach Baldersheim kommt, ähnlich wie bei den Bahnbauten oder Kasernen dieser Zeit, die auch nach Normen errichtet werden und es ist sicher die Baubehörde, die einen Planer empfiehlt, der die Vorgaben umsetzen kann. Mit Schneider hat man einen solch Kundigen, dieser wird auch 1883 planender Baumeister der neuen Synagoge in Kitzingen, die vom Baugeschäft Korbacher gebaut wird. Korbacher errichtet bis zum ersten Weltkrieg zahlreiche stadtbildprägende Bauten und viele Villen in Kitzingen, von denen nicht wenige aus der Feder von Schneider stammen.
Jetzt geht alles sehr schnell, am 25.01.1874 legt Schneider einen Planentwurf und die Kostenschätzung über 7600fl vor. Nach Vorlage und Prüfung beim königlichen Staatsministerium für Kirchen und Schulangelegenheiten werden daraus 9900fl. Der Plan wird genehmigt und die Gemeinde beauftragt Schneider mit der Ausführungsplanung.
Ansichten
Im folgenden Schreiben erklärt er seinen Entwurf:
Schulhaus Bau in Baldersheim
Verbrieft
Nachdem die Gemeinde die Reparatur des alten Schulhauses aus Zweckmäßigkeitsgründen aufgegeben und ein neues Schulhaus zu bauen beabsichtigt, wurde als Bauplatz der freie Platz zwischen der Kirche und der Ortsstraße gewählt. Auf diesem Platze steht gegenwärtig ein weniger schönes Gebäude als Feuerhaus zur Unterbringung zweier Löschapparate, welches abgebrochen werden soll, und künftiger Terrainlage wegen, erst passend im Souterrain des neuen Schulhauses untergebracht werden kann.
Was die Lage des Schulhauses selbst betrifft, konnte die Gemeinde kaum eine bessere wählen. Das Gebäude steht sonach mitten im Orte auf einem freien, etwas erhöhten Platze, luftig, sonnig und deshalb auch gesund. Auch kommt das Gebäude in unmittelbarer Nähe der Kirche zu stehen, doch nicht so nahe, daß der Prospekt der Kirche darunter zu leiden hätte, wie Blatt 3 beiliegender Zeichnung deutlich ersehen läßt.
Ferner erhält das Schulhaus und hauptsächlich der Lehrsaal durch diese Gebäudestellung die geeigneteste Beleuchtung.
Das Gebäude selbst enthält
a) Im oberen Stockwerk:
1) einen geräumigen 3,30m hohen Schulsaal für 75 Kinder nach dem Geschlecht getrennt und jedes Kind vom Lehrer zugängig
2) ein helles, geräumiges und bequemes Stiegenhaus
3) zwei gesonderte Abtritte mit Thürchen. Ableitung und hermetisch schließbare Abtrittgrube außer dem Hause
4) ein dienstliches geräumiges Zimmer
b) im unteren Stockwerk die Lehrerwohnung mit
1) ein Wohnzimmer mit 280° (Zeichen für Raummaß)
2) ein Nebenzimmer mit140° (Zeichen für Raummaß)
3) ein Schlafzimmer mit 140°
4) ein geschlossener geräumiger Wohnungsvorplatz mit 180°
5) eine geräumige Küche mit 160°
6) eine Magdkammer (oben) mit 160°
7) Lehrerabtritte
8) Geräumiger Keller mit 260°
9) Einen Hofraum mit Mauern umschloßen, zwei Schweineställe und Holzlege.
Unter der Lehrerwohnung im Souterrain befindet sich ein überwölbter Raum zur Aufnahme der gemeindlichen Löschapparate.
Neben dem Schulhause befindet sich im Kirchhofe ein großer abgeschlossener Rasenplatz, welcher sehr passend als Thurnplatz verwendet werden kann.
Was den Aufbau des Schulhauses selbst betrifft, soll dieser mit dem Frühjahr sofort beginnen.
Der Sattelbau soll aus Quadersteinen von den Steinbrüchen in Buch gefertigt werden. Die Umfassungsmauern selbst sollen aus Bruchsteinen mit einer Ziegelsteinverblendung gegen das Innere der Zimmer aufgeführt werden und hellen nach außen Verputz und Anstrich erhalten. Das Dach soll mit Schiefer gedeckt werden.
Die Gemeinde leistet bei dem Bau die nöthigen Spannfuhren, die Unternehmer dagegen haben sämtliches Material selbst zu stellen und die Arbeiten solid nach den vorliegenden Plänen durchzuführen.
Der Kostenaufwand für den Neubau ist im beiliegenden Kostenvoranschlag aufgeführt.
Kitzingen, den 21. Januar 1874
Schneider Bautechniker
Ansicht und Schnitt vom Erstentwurf, die Lage von Treppenhaus und die Aufteilung der Fenster und Zimmer der Lehrerwohnung wird im Ausführungsplan geändert.
Nun lässt sich die Gemeinde durch einen Advokaten aus Würzburg vertreten, dieser Dr. Steidle ist bereits für die Gemeinde Baldersheim auch in anderen Angelegenheiten tätig, nach Akteneinsicht fasst er die Entwicklung von Februar 1873 bis April 1874 zusammen, er übernimmt ab jetzt den Schriftverkehr mit den Ämtern (die Schriftstücke sind durchnummeriert erhalten), für diese Tätigkeit stellt er der Gemeinde 24fl 24kr in Rechnung. Es scheint, dass der Genehmigungsprozess für die
Gemeindeverwaltung zu aufwendig oder kompliziert wurde. Die Gemeinde wird von einem ehrenamtlichen Bürgermeister und dem Lehrer als Schreiber geführt, solange man mit örtlichen Handwerkern zu tun hatte, reichte diese Besetzung.
Die im Folgenden zitierte Zusammenfassung von Steidle ist hochinteressant, gibt sie doch Einblick in die Gedankenwelt und die Argumentation der Entscheider damals. Man kann sagen, dass letztendlich die Stellungnahme der Lokalschulinspektion (Ortspfarrer Eustach Derreth) und der Distriktsschulinspektion (ein anderer Geistlicher aus einem der umliegenden Orte) den Ausschlag für den Schulstandort gibt.
Dr. Steidle, Advokat
Würzburg, den 8. April 1874
Akteneinsicht:
1. Der Bericht des Bauassistenten Kohlmüller konstatiert, daß in ganz Baldersheim ein geeigneter Platz zur Erbauung eines neuen Schulhauses nicht vorhanden sei und die Schule daher am alten Platz bleiben müsse. (12.02.73)
2. Mit Entschließung von 17. Mai zieht die Regierung der Gemeinde in Erwägung, ob sie nicht statt Erweiterung der hiesigen Schule einen neuen Schulhausbau aufführen wolle und ordnet für diesen Falle die Aufstellung eines Bauprogramms an.
3. Die durchschnittliche Schülerzahl für die Jahre 63 mit 73 sind 56 Schüler.
4. Am 28. Dezember berichtet die Gemeinde, sie habe sich entschlossen, auf dem freien Platze bei der Kirche ein neues Schulhaus zu erbauen und hat mit Ausarbeitung des Planes den Stadtbautechniker Schneider von Kitzingen beauftragt.
5. Der Bezirksvorstand eröffnet dem Bürgermeister unterm 09.01.1874, daß er auf Grund des von ihm genommenen Augenscheins den Platz an der Kirche für ganz ungeeignet halte, indem das Haus zu nahe an die Kirche komme, diese dadurch an äußern Ansehen verliere und auch der Aufgang zu derselben in seiner Lage verunstaltet werden wird. Diesem Platze müsse die Zustimmung versagt werden. Als ganz geeigneter Platz erscheine aber der Pfarrgarten.
6. Der Gemeindeausschuß bringt den Plan Schneiders am 25.01.1874 in Vortrage und bezeichnet das Schulhaus an der kritischen Stelle als passend, voll dem Zweck entsprechend und geeignet als eine Zierde des Ortes, ohne daß die Kirche hierdurch verunstaltet wird.
7.Das Gutachten der Lokalschulinspektion (Ortspfarrer) am 31.01.1874 findet gegen den Plan keine Erinnerung, als daß der Bau der Kirche etwas zu nahe komme. Da jedoch der Zwischenraum immer noch 20‘ betragen soll und ein eigener Eingang von der Schule gerade in die Kirche führt, erscheint dieser Umstand als bequem und zweckmäßig zu sein für den Schullehrer als Kirchendiener als auch für die Schüler. Der Bauplatz erscheint gesund und recht geeignet.
8. Stellungnahme Pfarrer vom 01.02.74 die Kirche ragt über die Schule hinaus und bleibt rechtansehnlich, die Kirche verliert auch nicht an Luft und Licht (spricht sich sodann gegen die Verwendung des Kirchhofs als Turnplatz aus)
9. Die Distriktschulinspektion an das Bezirksamt am 04.02.74
a. der Bauplatz ist günstig ausgerichtet, luftig und wegen des erhöhten Terrains trocken und gesund. Schwerlich wird sich ein besser situierter Bauplatz für die neue Schule finden lassen.
b. Der Bauplan wird nicht als zweckentsprechend erachtet. Am Gelingensten ist der Schulsaal, der eine Breite von 7m, eine Länge von 9,40m, und eine Höhe von 3,50m hat. Dieser Raum würde für 98 Kinder ausreichen. Missstand daß der Ofen im Zimmer geheizt wird. Die Einteilung für die Lehrerwohnung sind unpassend und unpraktisch, da ein Lehrersgehilfenzimmer, ein Kindszimmer, eine Kammer, eine Speiß, eine Dachkammer, ein Wasch-und Backhaus, eine Holzremise gänzlich fehlen, daß die Küche an der entgegengesetzten Seite des Wohnzimmers ist und daß die Öfen von innen zu heizen sind. Wie unangenehm wenn die Magt in das Zimmer des Lehrers gehen muß, um ein Feuer anzumachen.
c. Keine Zierde, daß die östliche Längsseite des Schulhauses dem Kirchenportal gegenüber so düster ist und diese Wand nur 2 wirkliche und ein zugemauertes Doppelfenster nebst eine Thüre sich vorfinden. Man möchte die Schule von außen (auf dieser Seite) für eine Strafanstalt halten. Die Wahl des Pfarrgartens als Bauplatz kann nicht begutachtet werden.
10. Entschließung der Regierung vom 06.03.74 und des Bezirksamts vom 10. März wurden an den Advokaten übergeben.
11. Beschluß der gesamten Gemeinde am 19.03.74 Die Gemeinde will die fehlerhaften Einrichtungen worauf die Distriktschulinspektion aufmerksam macht, entfernen. Der Einwand der hohen b. Regierung, daß das Morgenlicht für das ganze Jahr genommen sei, bestätige sich nicht vollständig, da das Gebäude von der Morgensonne beschienen sei und auf dieser Seite gar keine Fenster angebracht werden. Der Gottesdienst findet zu keiner Zeit statt an dem Schulunterricht gehalten wird. In den an Gärten reichen Pfarrgarten kann das Schulhaus nicht gesetzt werden.
In einer Tektur wird nun das Treppenhaus in der Lage verändert, die Größe des Schulzimmers bleibt gleich. Die Lehrerwohnung wird überplant und die Fensteraufteilung im EG geändert. Im Gewölbekeller ist jetzt wie gefordert eine Waschküche eingeplant. Damit werden einige der o. g. Änderungswünsche eingearbeitet. Auch der Lehrer fordert im Gemeindeprotokoll Änderungen am Plan, die sicher nicht zufällig ähnlich sind wie die der Lokalschulinspektion
Am 12.07.1874 werden durch den Gemeindeausschuß die Accord-Bedingungen aufgesetzt und Angebote eingeholt. Am 23.07.1874 ist Angebotseröffnung, den Zuschlag für die Ausführung als Generalunternehmer erhält Maurermeister Georg Neeser aus Baldersheim, nicht zum Zuge kommen Zobel aus Aub (obwohl günstiger), ein Bieter aus Sonderhofen und einer aus Marktbreit, letzterer gibt zwar den meisten Nachlass, fordert aber die Nutzung eines gemeindlichen Steinbruches, dies genehmigt die Versammlung nicht. Die Bauausführung soll umgehend beginnen, Erdarbeiten werden extra an Neeser beauftragt.
Protokoll über die Auftragsvergabe, Unterzeichner sind auch Schneider und der Amtsvertreter
Baubeginn ist gleich nach Auftragsvergabe, bereits am 25.10.1874 bekommt Neeser für den zügigen Bauverlauf eine erste Abschlagszahlung. Am 01.11.1874 ist Richtfest, es gibt Essen und Getränke für die Handwerker. Die Gemeinde vergibt am 13.12.1874 den Auftrag für die Schulbänke an Schreiner Dermühl aus Aub.
Am 26.12.1874 werden durch den Gemeindediener alle 74 stimmberechtigten Bürger auf das Rathaus geladen, zur Abstimmung steht der Gemeinderatsbeschluss über den Tilgungsplan zum Schulhausbau. Alle anwesenden 46 Personen stimmten mit ihrer Unterschrift zu, dieser lautet in Auszügen:
„… Gemeinde war genötigt zum Schulhausneubau 9400fl Passivkapital aufzunehmen und hatte noch ein solches von 600fl aus
dem Kriegsjahre 1870 zu decken.
… ein Schuldentilgungsplan wurde entworfen, wonach die ganze Schuld in 21 Jahren abgetragen sei …
In den ersten 8 Jahren jährlich 400fl und in den nächsten 10 Jahren 500 fl und in den letzten 3 Jahren jährlich 600fl
… Schäfereipferch- und Pachtgeld werfen jährlich eine bedeutende Summe ab.
… in den Jahren 1875/1876 muss die Herstellung einer Straße, weitere Bauten und ein neues Glockengeläute finanziert
werden. Die Abtragung der Schuld kann erst am 01.01.1878 erfolgen, weil für 1876 noch Restzahlung von 1000fl an den
Schulhausbauunternehmer Gg. Adam Neeser, welche als Garantiesumme aufgehalten wurde, zu zahlen ist.“
Beachtlich ist die Tatsache, dass zwei Bürger der Gemeinde Geld zum Schulhausbau leihen, Georg Metzger alt gibt 3000 Gulden und Andreas Geißendörfer 1000 Gulden zu 4% Zins, beide legen das Geld in bar auf, das ist die Hälfte der ursprünglich veranschlagten Kosten.
Interessant ist die Zusammensetzung der Lehrerentlohnung im Jahr 1874: die Einnahmen von 647fl im Schulfonds kommen aus Kapitalerträgen der Schulstiftung, 100fl von der Gemeinde, 89fl für Kirchendienste, Läutgeld und geschriebene Realien, die in Geld umgerechnet werden (Hafer, Korn und Holz).
Lehrer Mathias Schimpf quittiert 468,6 3/4fl als Bezüge aus der Schulkasse, extra berechnet er die Schulhausreinigung und Material für unbemittelte Kinder zu 11fl. Mit der Entlohnung als Gemeindeschreiber von 125fl kommt er auf ein Jahresgehalt von 606fl. Sein Sohn Nikolaus Schimpf erhält als Hilfslehrer 50fl aus der Schulkasse.
Alle sonstigen Ausgaben für den Schulbetrieb werden auch aus dem Schulfonds bestritten.
Jahreseinkünfte des Mathias Schimpf als Lehrer
Im weiteren Bauverlauf kommt es dann zu Verzögerungen, im Protokollbuch ist am 20.06.1875 zu lesen:
„Bauübernehmer des neuen Schulhauses Georg Adam Neeser wurde in Kenntniß gesetzt, daß der Ausbau des Schulhauses nebst den Nebengebäuden ohne Verzug fortzusetzten ist, da der Termin mit 1. Juli abläuft. Wenn keine Folge geleistet wird, sofort Bauübernehmer zu gewärtigen, daß gegen ihn gerichtlich eingeschritten wird“.
Diesen Eintrag unterzeichnet Neeser im Protokollbuch eigenhändig.
Weiter werden die Kellerfenster bemängelt, diese sind falsch eingebaut und lassen sich nicht öffnen. Jetzt geht es doch schnell voran, das Protokoll vermerkt den Einzug des Lehrers für den 15.10.1875 über Feierlichkeiten wird nicht berichtet, auch gibt es in den Gemeinderechnungen keine Ausgaben zu einem offiziellen Festakt.
Restarbeiten werden vergeben: Tünchner Edelmann aus Aub soll binnen 8 Tagen das Gewölbe im Keller verputzen, danach noch Abfuhr eines Erdhaufens, Pflasterung von der Kirchentreppe bis Schulportal in 2,5 Meter Breite und Erstellen der Mauer von der alten Schule bis zur Kirchentreppe. Zum Jahreswechsel 1875/1876 werden aus Gulden Mark, 10.000,00fl sind jetzt 17.142,24 M. Die Schule wird gleich nach Eröffnung mit 8000 Mark, der Stall mit 500 Mark gegen Brand versichert.
Mit dem Einzug in das Schulhaus werden auch die Schlussrechnungen gestellt:
Schneider stellt für den Planentwurf 396fl in Rechnung, die Bauleitung rechnet er mit 336 Mark ab.
Geprüfte Schlussrechnung und Quittierung durch Georg Adam Neeser
Georg Adam Neeser stellt die Schlussrechnung im Oktober 1875, die der Stadtbautechniker Schneider prüft. Am 31.12.1875 quittiert Neeser die Auszahlung, 1500 fl werden noch einbehalten.
Neben o. g. Brandversicherung versichert die Gemeinde bei der bay. Hypotheken und Wechselbank 5 Schränke, 1 Tisch, 12 Stühle, 2 Truhen, 16 Schulbänke, 3 Öfen, Landkarten, Globus, Lehrerpult und seltsamerweise auch 3 Glocken und die Kirchenorgel für insgesamt 9000 Mark.
Am 21.07.1876 erfolgt eine Gemeindevisitation im neuen Schulhaus, Lehrer Schimpf gibt folgendes zu Protokoll:
„daß im oberen Zimmer des Lehrers Läden unbedingt nothwendig sind, da dieses Zimmer der Sonne sehr ausgesetzt ist. Zu diesem muß Lehrer dahier bemerken, daß an den Fenstern im unteren Stock auf der Langseite zur Straße auch Läden angebracht würden, da ohndieß im Winter und Sommer fehlen ein Bedürfniß sind. Winterfenster fehlen ohndieß. Wünschenswerth erscheint ferner, daß die Seitenwände gegen Süden und Westen im Schulhause namentlich aber in den Fensternischen vertäfelt wären, da die Wände zu dünn sind und die Kälte zuleicht durchdringt“.
Bei Regen sammelt sich zwischen Kirche und Schule Wasser und dringt über die Hintertüre in das neue Schulhaus ein, für Abhilfe ist zu sorgen.
Nach Auszug der Kinder aus der alten Schule stellt die Freiwillige Feuerwehr die Bitte an die Gemeinde, das Schulzimmer für die Abhaltung von Veranstaltungen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Im Jahr 1886 wird der marode Giebel repariert und eine Wand im Innern herausgenommen, Schreiner Rock verlegt einen neuen Dielenboden im jetzt vergrößerten Zimmer im ersten Stock. 1901 dann erbaut Maurer Zobel aus Aub den neuen Steingiebel für 1109,25 Mark.
Pläne zur Giebelreparatur 1886 und -Erneuerung 1901
Bei einer Schulbegehung am 07.10.1909 wird die Abortanlage als „vollständig ungeeignet“ bemängelt, dieser Zustand war wohl schon länger Anlass für Beschwerden, bereits im April 1908 gab es einen Plan von Maurermeister Konrad Engert aus Baldersheim für eine neue Abortanlage, angeboten für 895,47 Mark. Ein weiteres Angebot von Bezirksbaumeister Heilmann aus Ochsenfurt vom Januar 1909 nennt jetzt 1400,– Mark. Abgerechnet wird am 26.12.1910 für 1237,74 Mark durch Engert.
Plan Abortanbau und Kostenberechnung von Konrad Engert
Um die Jahrhundertwende wird in Baldersheim viel gebaut, der Friedhof an der Kapelle wird erweitert (1868), die Kirche umgebaut und komplett neu ausgestattet (1853, 1867-1878 und 1900/01). Viele Privathäuser werden neu aus Bruchstein errichtet oder zumindest der Giebel in Muschelkalk erneuert. Die vielen Scheunen und Nebengebäude der Brandserie 1877/1880 werden wieder aufgebaut, eine Plansammlung dazu ist erhalten. Ab 1896 beginnt man mit dem Bau der Wasserversorgung (die erste im Ochsenfurter Gau), 1907 kommt der Bahnanschluss, das große Lagerhaus wird errichtet, die
Stromversorgung aus Richtung Weikersheim angeschlossen. 1909 wird die Kinderbewahranstalt eingeweiht, die Stifterin Margarethe Körner stellte ihr Anwesen zur Verfügung, die Bevölkerung spendete 6000 Mark für die Umgestaltung.
In den Jahren 1924-1932 wird die erste Flurbereinigung durchgeführt, die damals gegründete Genossenschaft besteht noch heute.
Die Platzsituation für die Schüler ist in dieser Zeit wohl sehr angespannt, nachdem in der alten Schule 66 Kinder unterrichtet wurden und die neue Schule nur für 78 Kinder ausgelegt ist, reicht um 1900 der Platz nicht mehr aus. So tauchen ab 1908 mehrere Schreiben zur Errichtung einer 2. Schule auf.
Ein Plan und Kostenangebot über 1532,73 Mark vom Maurermeister Engert aus Baldersheim liegt vom 04.01.1910 vor. Es scheint angesichts der niedrigen Summe nur ein Umbau des Rathauses geplant worden zu sein, gerade wenn man die Abrechnung für den Abortanbau der neuen Schule im Vergleich sieht.
Plan Engert, Baldersheim 2. Schule
In einer undatierten namentlichen Abstimmung votieren 36 Männer gegen den Neubau, zwei dafür Anfang 1913 bieten die Bay. Elektricitäts-Werke eine Beleuchtungs-und Klingelanlage an, im April 1913 werden 305,70 Mark für die Anschaffung berechnet. Eine Straßenbeleuchtung gibt es da schon.
In einem Schreiben vom 09.02.18 bestätigt Pfarrer Zübert als Lokalschulinspektor, dass die Planung zu einer 2. Schule verworfen wurde und erwähnt, dass deshalb die Notwendigkeit besteht, die Abortanlage ein weiteres Mal zu erweitern. Er protestiert als Pfarrer und Kirchenpfleger aber gegen ein im Plan eingezeichnetes Abortfenster zum Kirchenportal hin. Die Zeiten der Lokalschulinspektion durch den Ortspfarrer neigen sich dem Ende zu, in der ersten Verlautbarung der Provisorischen Regierung Eisner zu kultur- und bildungspolitischen Fragen vom November 1918 wird die geistliche
Schulaufsicht zum 01.01.1919 in Bayern aufgehoben. Realität auf dem Lande ist aber, dass die Pfarrer noch lange ein Auge auf die Schüler und den Schulbetrieb werfen, zusammen mit dem Bürgermeister und dem Lehrer sind sie wie seit alter Zeit immer noch die Respektspersonen im Dorf.
Für die Jahre 1920–1927 sind einige Angebote für Dachreparaturen in den Unterlagen, in den Gemeinderechnungen sind mehrmals Ausgaben für Schieferarbeiten an die Fa. Igersheim aus Würzburg aufgeführt.
Postkarten mit Abbildungen der Schulen
Ab 1938 kommt das achte Schuljahr hinzu, aus Platzgründen wird auch im Rathaussaal durch einen Hilfslehrer Unterricht gegeben. Seit April 1939 ist die Volksschule Baldersheim zweiklassig, vorläufig nur auf dem Papier, da der zugeteilte Hilfslehrer bei der Wehrmacht steht und ab 1943 an die Front kommt. Oft gibt es in den Kriegsjahren wegen Kohlemangel Kälteferien.
Die Schülerzahl beträgt im Jahr 1948/49, auch durch Flüchtlings- und ausgebombte Familien, 130 Kinder. Im Jahr 1950 werden 102 Kinder unterrichtet, ab 1951 sinkt die Schülerzahl wieder auf den Normalstand von 86 Schülern. Die Schule Burgerroth wird am 01.11.1959 stillgelegt und die 15 Kinder in Baldersheim eingegliedert, deren Gesamtzahl nun 70 beträgt.
Seit 1967 ist die Volksschule Baldersheim dem Schulverband Aub angegliedert, die Jahrgangsstufen werden seitdem auf die umliegenden Dörfer aufgeteilt, im Baldersheimer Schulhaus wird meist eine 1. oder 2. Klasse unterrichtet. Der Verfasser kann sich noch an sein 2. Schuljahr im Schulhaus erinnern, danach wird der Schulbetrieb in Baldersheim eingestellt, die Schüler müssen nun nach Gelchsheim, später nach Aub.
Im alten Schulhaus werden 1974 noch einmal die WC Anlagen erneuert, bevor 1986 das Dach neu gedeckt und das Fachwerk freigelegt wird. Diese Maßnahme wird vom Denkmalamt nicht gutgeheißen, da es sich nicht um ein Zierfachwerk handelt. Damit enden die Investitionen in dieses Haus, das Gebäude wird im Zuge der Schuldentilgung von der Stadt Aub an Privat verkauft.
Nach dem Auszug der Schüler aus dem neuen Schulhaus übernimmt die Blasmusik den Schulsaal als Ersatz für den bisher genutzten Probenraum im Gemeindehaus, dieser wird zum Jugendraum. Die Musikgemeinschaft Baldersheim/Burgerroth steckt viel Eigenleistung in den Bau und passt ihn für ihre Vereinsbedürfnisse an. Ältere Baldersheimer können sich auch noch an die Laientheateraufführungen der Landjugend im Haus erinnern. Die Lehrerwohnung wird mehrmals vermietet, u.a. auch an eine Flüchtlingsfamilie aus dem Jugoslawienkrieg (1991-1999).
Mit der Dorferneuerung bietet sich die Errichtung eines Dorfgemeinschaftshauses an, nach Diskussion verschiedener Varianten stellt der Stadtrat Aub einen Förderantrag für den Umbau und die Umnutzung des Schulhauses und auch des Gemeindehauses.
Mit den Umbauarbeiten in der Schule verlassen die letzten Relikte aus der Unterrichtszeit das Gebäude, im Dachgeschoss waren Landkarten, Bücher und weitere Lehrmittel eingelagert, so endet mit dem Jahr 2017 die 430-jährige Schulgeschichte in Baldersheim.
Manfred Igers
November 2019
Mein besonderer Dank gilt Herrn Georg Pfeuffer aus Aub für die Transkription alter Schriftstücke und den freundschaftlichen Austausch zur Einordnung der Geschehnisse.
Quellen:
Konrad Hoos: Ortschronik Baldersheim, 1972
Georg Pfeuffer: Auber Geschichtsblätter / Auber Schulgeschichte
Barbara Schock-Werner: Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn, 2005
Hans-Michael Körner: Schulen, Gymnasien und Universitäten in Wandel der Bildungs-politik, Aufsatz im Band 4/1 Unterfränkische Geschichte, 1998
Staatsarchiv Wü. Verz. Admin. 400/7799 ½ fol. 4v-5r und Salbücher 129 Bd. 1
Gem. Archiv Baldersheim: Schulakten, Bürgermeisterrechnungen, Gemeindeprotokolle 1860-1878, Belegbände, Schulfonds, Kirchenrechnungen
Alexandra Baier Bamberg: Denkmalpflegerischer Erhebungsbogen zur Dorferneuerung, 2013
Landratsamt Würzburg: Postkartensammlung des Landkreises
Stadtarchiv Kitzingen: Doris Badel M.A. Leiterin
Homepage Waldmannshofen: Ortsgeschichte – Die Kunstdenkmäler von Bayern / Bezirksamt Ochsenfurt, 1911
Historisches Lexikon Bayerns: Geistliche Schulaufsicht 19/20. Jahrhundert
Michael Ruhland: Schulhausbauten im Großherzogtum Baden
Hubert Buchinger: Die bayerische Volksschule im Wandel der Zeit
Lehrerinfo 2/2006: Schule im Spiegel der Zeit, 200 Jahre modernes Bayern
Kunstunterricht bei Lehrer Nikolaus Schimpf
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