Von der Dorfschule zum Dorfgemeinschaftshaus
Mit der Eröffnung des Dorfgemeinschaftshauses am kommenden Sonntag, 1. Dezember, erhält das alte Schulhaus in Baldersheim eine ganz neue Funktion. Schon bisher von den örtlichen Vereinen genutzt, wurde das Gebäude in den vergangenen Monaten weitgehend in Eigenleistung umgebaut. Das Gebäude, das im ausgehenden 19. Jahrhundert als Dorfschule errichtet wurde, hatte in den mehr als hundert Jahren verschiedene Funktionen.

Gebaut wurde es aus einer Notlage heraus. So stellte das königliche Bezirksamt zusammen mit einem Gemeindeausschuss am 7. Juni 1870 fest, nachdem die damaligen Schulbehörden die vorherigen Schulräume nicht mehr für geeignet erachteten: „Nachdem sich ergeben hat, daß das Schulhaus dahier, in specie das Schulzimmer für die dermalige Schülerzahl nicht mehr ausreicht und daß sich das Schulgebäude überhaupt teilweise in einem defeuten Zustande befindet, dürfte es am zweckdienlichsten sein, wenn die Gemeinde ein entsprechendes Wohnhaus dahier zur Einrichtung einer Schule geeignet ankauft oder ein neues Haus baut, weil dermaliges Schulhaus wegen Mangel an Raum nicht verwendet werden kann.“
Schulbehörde akzeptierte Entwürfe nicht
Dass sich der Neubau eines Schulhauses dann doch länger hinzog, lag daran, dass die Schulbehörde vorgelegte Entwürfe und Planungen nicht akzeptierte. Seitens der Schulbehörden der damaligen Zeit wurden die Baldersheimer darauf hingewiesen: „Schulen sind Lichtpunkte eines Landes; Schulgebäude ehrwürdige Bildungsorte der aufblühenden Generation. Deshalb sollen sie ihrem Zwecke gemäß unter den übrigen Wohnungen einer Gemeinde in Hinsicht auf Lage, Umgebung, Bau, Einrichtung sich auszeichnen. Denn die Stätte, wo wir zuerst gewisse Lehren faßten, äußert auf die Stimmung, mit der wir sie aufnahmen, und wieder den Werth, welchen sie für uns hatten, eben sowohl einen bedeutenden Einfluß, als auf die körperliche Gesundheit, und es kommt daher viel darauf an, ob diese Schulgebäude geräumige, helle und reinliche Häuser, oder kleine, dunkle, schmutzige Hütten sind, worin die Jugend in ihrer ersten Blüthe die schönsten Lebensjahre zubringen soll.“
Der Schulhausneubau, der dann verwirklicht wurde, war sozusagen „Staatsarchitektur“, ähnlich wie bei den Bahnbauten oder Kasernen dieser Zeit, die auch nach Normen errichtet wurden. So war es wohl die Baubehörde, die einen Planer empfahl, der die Vorgaben umsetzen konnte. Mit dem gewählten Stadtbautechniker C. F. Schneider aus Kitzingen hatte man einen solch Kundigen, dieser wurde auch 1883 planender Baumeister der neuen Synagoge in Kitzingen.
Baustil der Schule findet sich in vielen Gemeinden
Nun ging alles sehr schnell, am 25. Januar 1874 legt Schneider einen Planentwurf und die Kostenschätzung über 7600 fl (Florentiner Gulden) vor. Nach Vorlage und Prüfung beim königlichen Staatsministerium für Kirchen und Schulangelegenheiten werden daraus 9900 fl. Der Plan wurde genehmigt und die Gemeinde beauftragte Schneider mit der Ausführungsplanung
Der Baustil der Baldersheimer Schule findet sich in vielen Gemeinden, denn schon ab 1803 wurden Musterblätter für Schulbauten vorgelegt, die je nach Bedarf, Größe der Gemeinde und finanziellen Mitteln gestaffelt waren. Durch die Ausrichtung nach Süden wurde für Helligkeit in den Klassenräumen gesorgt.
Am 12. Juli 1874 wurden durch den Gemeindeausschuss die Accord-Bedingungen aufgesetzt und Angebote eingeholt. Den Zuschlag für die Ausführung als Generalunternehmer erhielt Maurermeister Georg Neeser aus Baldersheim. Die Bauausführung soll umgehend beginnen, Erdarbeiten wurden extra an Neeser beauftragt.
Bürger liehen Geld zum Schulhausbau
Beachtlich ist die Tatsache, dass zwei Bürger der Gemeinde Geld zum Schulhausbau liehen, Georg Metzger alt gibt 3000 Gulden und Andreas Geißendörfer 1000 Gulden zu 4 Prozent Zins, beide legen das Geld in bar auf. Georg Adam Neeser stellte die Schlussrechnung im Oktober 1875.
Die Platzsituation für die Schüler ist in dieser Zeit wohl sehr angespannt, nachdem in der alten Schule 66 Kinder unterrichtet wurden und die neue Schule nur für 78 Kinder ausgelegt war, reichte um 1900 der Platz nicht mehr aus. So tauchten ab 1908 mehrere Schreiben zur Errichtung einer zweiten Schule auf.
Dennoch fand der Unterricht weiterhin in dem Gebäude statt. Erst 1967 wurde die Volksschule Baldersheim dem Schulverband Aub angegliedert, die Jahrgangsstufen wurden auf die umliegenden Dörfer aufgeteilt, im Baldersheimer Schulhaus wurde meist eine 1. oder 2. Klasse unterrichtet. Als der Schulbetrieb in Baldersheim dann ganz eingestellt wurde, mussten die Schüler nach Gelchsheim, später nach Aub. Nach dem Auszug der Schüler aus dem neuen Schulhaus übernahm die Blasmusik den Schulsaal als Probenraum.
Tag der offenen Tür bis 17 Uhr
Mit der Dorferneuerung bot sich die Errichtung eines Dorfgemeinschaftshauses an, nach Diskussion verschiedener Varianten stellte der Stadtrat Aub einen Förderantrag für den Umbau und die Umnutzung des Schulhauses und auch des Gemeindehauses.
Einzelheiten über die Baldersheimer Schulgeschichte werden zur Eröffnung des neu gestalteten Gebäudes als Dorfgemeinschaftshaus am kommenden Sonntag zu erfahren sein. Manfred Igers aus Baldersheim hat in Kleinarbeit viele Details zusammengetragen.
Am 1. Dezember nun wird das Haus seiner neuen Bestimmung übergeben. Um 11.15 Uhr findet die kirchliche Segnung statt. Anschließend ist das Gebäude bis 17 Uhr zur Besichtigung freigegeben. Ein Kinderprogramm, Weißwurstessen, sowie Kaffee und Kuchen runden die Eröffnungsveranstaltung ab, zu der die Stadt Aub einlädt.
mainpost (c) Alfred Gehring
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